Praxisleitfaden für eine ökumenische Gebäudenutzung

Landeskirchen und Bistümer in Nordrhein-Westfalen ermutigen Gemeinden zu stärkerer Zusammenarbeit.

  • Ralf Thomas Müller

Angesichts der Fortschritte in der Ökumene und sinkender Mitgliederzahlen rufen die katholischen Bistümer und evangelischen Landeskirchen in NRW ihre Gemeinden zu stärkerer Zusammenarbeit auf. „Und wenn wir alle zusammenziehen?“ ist der Titel eines Praxisleitfadens zu einem abgestimmten Vorgehen bei der Aufgabe pastoraler Immobilien und die gemeinsame Nutzung von Kirchen, Pfarrheimen und Gemeindezentren. In der Broschüre geht es um die gesamte Breite der Ökumene, also zum Beispiel auch um freikirchliche, orthodoxe und orientalische Gemeinden.

Planungen miteinander abstimmen

Der Leitfaden beschreibt, dass beide großen Kirchen kleiner werden und deshalb auch ihren Gebäudebestand reduzieren. „Ob Klimaneutralität, Gebäudestrategie oder Quartiers- beziehungsweise Dorfentwicklung: Allen Kirchen stellen sich zurzeit dieselben Fragen“, erklärt der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Dr. Thorsten Latzel. Vor diesem Hintergrund lädt er, zusammen mit den weiteren Verantwortlichen der Bistümer und Landeskirchen in Nordrhein-Westfalen, dazu ein, „diesen Prozess in ökumenischer Verbundenheit zu gestalten“. Er ermuntert: „Suchen Sie bei anstehenden Veränderungen frühzeitig den Kontakt zu den Nachbargemeinden der jeweils anderen Konfessionen und stimmen Sie Ihre Planungen untereinander ab.“ Und weiter: „Prüfen Sie, ob die gemeinsame Nutzung einer Kirche oder eines Gemeindehauses die Möglichkeit bietet, ökumenisch gemeinsam im Stadtteil präsent zu bleiben, Gottesdienste vor Ort zu feiern und kirchliche Angebote dezentral fortzuführen.“

Orientierung am Sozialraum

Der Leitfaden enthält zahlreiche Hinweise und konkrete Tipps: Was ist für evangelische Gläubige im Kirchenraum wichtig, was für katholische? Muss eine Kirche für die Nutzung durch andere Konfessionen umgebaut werden? Welche rechtlichen Vorgaben gibt es durch katholische Bistümer oder evangelische Landeskirchen? Dabei betonen die Ökumene-Fachleute, dass es „keine Einsparung ohne Kirchenentwicklung“ geben könne, aber auch „keine Kirchenentwicklung ohne Einsparung“.

Anstelle der oftmals gewohnten konfessionellen Doppelstrukturen in Orts- oder Stadtteilen werben sie für eine gemeinsame ökumenische Präsenz in der Zukunft: „Die Orientierung am Sozialraum, daran, was aus christlicher Perspektive zu einem gelingenden Leben beitragen kann, eröffnet Perspektiven für eine lokale Kirchenentwicklung, die nicht nur zur gemeinsamen Nutzung von Gebäuden, sondern zu ,ökumenisch kooperativen Gemeinden‘ führen kann.“ So könne das Thema Ökumene in den Gemeinden von einer mancherorts als belastend empfundenen Zusatzaufgabe „zur Grunddimension kirchlichen Planens und Handelns werden“, schreiben die Fachleute.

Beispiele gelungener ökumenischer Praxis

In den vergangenen Jahren sind bereits erste Beispiele für eine gelungene ökumenische Praxis entstanden. In Krefeld-Gartenstadt etwa teilen sich die katholische und evangelische Gemeinde nicht nur ein Gemeindezentrum, sondern arbeiten inzwischen in vielen Bereichen im Alltag stellvertretend und entlastend zusammen. Über die Rückbau-Perspektive hinaus regen die Tipps im Praxisleitfaden auch zu gemeinsamen ökumenischen Initiativen an, wenn neue Siedlungsgebiete entstehen. Dort ergäben sich Chancen, „die bisherigen konfessionellen Wege im Sinne einer kooperativen Ökumene zu öffnen und auf die ohnehin gemeinsamen pastoralen Herausforderungen ökumenisch nach Antworten zu suchen“, heißt es in dem Papier.

Digital und gedruckt verfügbar

Der Praxisleitfaden ist nicht der erste Appell der beiden großen Kirchen an ihre Gemeinden, stärker zusammenzuarbeiten. 2017, im Jahr des Reformationsjubiläums, hatten mehrere Bistümer und Landeskirchen in NRW bereits Aufrufe veröffentlicht, die ein engeres ökumenisches Miteinander empfehlen. Vor dem Hintergrund der laufenden Veränderungsprozesse in den Kirchen ist der Leitfaden „Und wenn wir alle zusammenziehen?“ eine deutliche Konkretisierung. Neben der Online-Variante ist der neue Praxisleitfaden auch in einer gedruckten Version erhältlich, die kostenfrei bei Johanne.Asakura@ekir.de bezogen werden kann.

Praxisleitfaden Ökumenische Zusammenarbeit