Recyclingpapier – eine nachhaltigere Alternative zu Frischfaserpapier

  • Waldemar Schutzki

Kaum ein anderes Produkt ist in kirchlichen Einrichtungen so nachgefragt wie Papier. Nicht nur als Kopierpapier im Büro oder in Druck aufgegebene Materialien wie Gemeindebriefe und Infoflyer verschlingen Unmengen an Papier, sondern auch Hygieneprodukte. Hinzu kommen die zahlreichen Verpackungsmaterialien, die durch die Corona-Pandemie noch einmal zugenommen haben.

Mit durchschnittlich 243 Kilogramm Papierverbrauch je Person pro Jahr ist Deutschland einer der Spitzenverbraucher weltweit – das entspricht einem Papierverbrauch aller Menschen auf den beiden Kontinenten Südamerika und Afrika zusammen. Beim Papierverbrauch gilt deshalb der gleiche Grundsatz wie bei allen Umweltschutzmaßnahmen: vermeiden – wieder verwenden– recyceln. Doch selbst wer große Anstrengungen unternimmt, Papier zu vermeiden oder doppelt zu nutzen, wird vermutlich nie gänzlich ohne irgendeine Form von Papier auskommen. Deshalb ist es wichtig, auf umweltfreundlichere Papiervarianten in Form von Recyclingpapier bzw. Umweltschutzpapier zu achten und von Anfang an mit in den Beschaffungsprozess einzubeziehen.

Recyclingpapier und Frischfaserpapier im Vergleich

Die Belastung der Umwelt geschieht maßgeblich durch den Abbau, Einsatz und Verbrauch von Rohstoffen für die Produktion, bei der Erzeugung von Wärme und Strom, beim Transport und letztlich bei der Entsorgung in Form von Abfall.

Bedeutende Unterschiede hinsichtlich der Umweltauswirkungen zwischen Frischfaserpapier (aus Primärfasern) und Recyclingpapier (aus Sekundärfasern) fallen insbesondere beim Herstellungsprozess von Papier an. Bei der Produktion auf Basis von Primärfasern ist das Ausgangsmaterial Holz. Dieses muss erst geschlagen, dann gemahlen und schließlich mit großem Energie- und Wassereinsatz mittels chemischer Verfahren zu Zellstoff weiterverarbeitet werden, bevor es letztlich unter Hinzuziehung verschiedener weiterer Hilfsstoffe (bspw. Wasser, Farbstoffe, Chlor) auf ein Sieb gegossen und zu einer festen Faserlage (Papier) verteilt wird.

Im Gegensatz dazu wird beim Recyclingpapier nicht Holz als Ausgangsmaterial, sondern Altpapier und Karton verwendet, welches durch Auflösen und Reinigen der Druckfarben zu Zellstoff umgewandelt wird und somit die Grundlage des Recyclingpapiers bildet. Der weltweiten Rodung von Waldflächen mit allen dazugehörigen Konsequenzen, kann durch bewusste Wahl von Recyclingprodukten entgegengewirkt werden. Darüber hinaus müssen härtere Auflagen zur Schadstoffemission und Gewässerbelastung sowie zum Energie- Wasser- und Chemikalienverbrauch bei Recyclingpapier eingehalten werden. Es enthält weniger Chemikalien als Frischfaserpapier und wird nicht ganz so intensiv gebleicht. In Summe schneidet Recyclingpapier in der Ökobilanz deutlich besser ab als Frischfaserpapier.

Blauer Engel für Recyclingpapier

Auf dem Markt gibt es eine Vielzahl an verschiedenen Papier-Siegeln, die Recyclingpapier nachweisen sollen. Doch viele Siegel halten nicht das, was sie versprechen. Immer mehr Produkte tragen anerkannte Siegel wie PEFC, FSC oder EU-Ecolabel, garantieren aber nicht die Verwendung von Altpapierfasern. Auch die Bezeichnung „holzfrei“ führt häufig in die Irre. Hiermit ist lediglich gemeint, dass beim aufwendigen Produktionsprozess beim Frischfaserpapier keine Rückstände mehr von alten festen braun-gelben Holzstoffen (u.a Lignin) zu finden sind. Diese werden bei der Zellstoffherstellung durch langes Kochen mit chemikalienhaltiger Kochflüssigkeit voneinander getrennt. „Holzfrei“ bedeutet also, dass kein Altpapier als Rohstoff verwendet wurde.

Nur Papier mit dem Blauen Engel besteht zu 100 Prozent aus Altpapier. Im Vergleich zum Frischfaserpapier werden hier keine Bäume gefällt, ungefähr 60 Prozent an Energie und circa 70 Prozent an Wasserverbrauch eingespart. Durch die Vorgabe zur Verwendung von 65 Prozent unterer und mittlerer Altpapiersorten bei der Recyclingpapierherstellung fördert der Blaue Engel darüber hinaus eine funktionierende Kreislaufwirtschaft, sodass Altpapier wiederverwertet werden kann.

Ein wichtiger Treiber des Papierkonsums ist neben Kopierpapier vor allem Hygienepapier (Küchenrollen, Toilettenpapier, Servietten etc.). Im Jahr 2000 bestand es noch zu gut drei Vierteln aus Sekundärfasern, heute macht ihr Anteil weniger als die Hälfte aus. Weil Hygienepapiere nicht recycelt werden können, die Fasern also nach einmaligem Gebrauch unwiederbringlich verloren gehen, sollte hier unbedingt auf Recyclingpapier mit hoher Altpapierquote geachtet werden. Produkte mit dem Blauen Engel sind auch hier erste Wahl.

Die Qualität von Recyclingpapier

Ein noch immer häufig anzutreffendes Vorurteil, das gegen Recyclingpapier von manchen Vertretern genannt wird, sei die unzureichende Qualität des Papiers: zu staubig, zu grau und nicht langlebig genug. Zudem könnte es zu Problemen mit Druckergeräten führen. Diese Argumente stammen häufig noch aus Zeiten, als die Technik noch nicht ausgereift war. Mittlerweile sind Optik, Farbwiedergabe und Bildqualität hervorragend, sodass Recyclingpapier Frischfaserpapier in Punkto Qualität in keiner Weise nachsteht.

Was die Alterungsbeständigkeit von Recycling Papier betrifft, so hat das Umweltbundesamt im Jahr 2014 (siehe Positionspapier) deutlich Stellung bezogen. Papier mit dem Blauen Engel erfüllt durch die DIN 6738 die höchsten Anforderungen an die Archivierbarkeit. Alle graphischen Papiere mit dem Blauen Engel erfüllen somit die Anforderungen der Lebensdauerklasse LDK 24-85 und sind alterungsbeständig.

Mit Recyclingpapier lassen sich aber nicht nur ökologische, sondern auch ökonomische Kosteneinsparungen erzielen. Mit einem Weißgrad von 80 oder geringer ist Recyclingpapier zumeist günstiger als Frischfaserpapier.

Weitere Informationen

Kirchliche Einrichtungen haben die Möglichkeit, sich kostenlos auf der bundesweiten Nachhaltigkeitsplattform www.gruener-beschaffen.de zu engagieren. Gemeinsam mit dem Umweltbundesamt werden hier Organisationen gewürdigt, die bereits mindestens 50 Prozent Recyclingpapier mit dem Blauen Engel verwenden. Die Teilnehmer erhalten eine Urkunde und das Siegel „Recyclingpapierfreundliche Organisation“.

Wie hoch die Einsparungen durch eine Umstellung von Frischfaser zu Recyclingpapier konkret sind, können Einrichtungen mittels eines Nachhaltigkeitsrechners überprüfen: https://www.papiernetz.de/informationen/nachhaltigkeitsrechner/

Kirchengemeinden und kirchliche Einrichtungen können über die kirchliche Beschaffungsplattform www.wir-kaufen-anders.de umweltschonendes Recyclingpapier mit Blauem Engel bestellen. Dieses ist für beruflich und ehrenamtlich Mitarbeitende in der Evangelischen Kirche im Rheinland über das EKiR-Portal erreichbar. Die Beschaffungsplattform bietet zudem weitere Informationen und Bezugsmöglichkeiten zu umweltfreundlichen Produkten.

Hilfreiche Links

Allgemeine umfangreiche Informationen zum Thema Recyclingpapier

Papiernetz

Papierwende

Umweltbundesamt

Verbraucherzentrale

Auflistung und Bewertung von Papiersiegeln

Greenpeace

Hintergründe zum Thema Recycling und Hygienepapier

Nabu