Herausforderungen der Globalisierung- Wirtschaften für das Leben

  • Theresa Demski

Die Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland greift die Herausforderungen der Globalisierung für das eigene kirchliche Handeln auf allen Ebenen auf

In Westeuropa verkaufen Konzerne Jeanshosen für wenig Geld, währenddessen arbeiten in den Fabriken in Bangladesh Menschen unter unwürdigen Bedingungen, um diese Textilien herzustellen. Im Westen wachsen die landwirtschaftlichen Betriebe mit immer gravierenderen Nebenfolgen in der Tierhaltung und im Land- und Gewässerschutz, während im Süden und in Osteuropa Erzeugnisse der traditionellen Landwirtschaft vom Markt verdrängt werden. Auf der einen Seite der Erdhalbkugel erzielen Investoren und Banken an den Finanzmärkten enorme Gewinne durch den Kauf und Verkauf von beziehungsweise den Handel mit Anleihen und Aktien. Die Investoren folgen allein Renditeversprechen und fragen nicht danach, welche Risiken und Nebenwirkungen aus dem eingesetzten Kapital für die Arbeits- und Lebensbedingungen der Menschen auf der anderen Seite der Welt erwachsen, in wieweit sich das eingesetzte Kapital destabilisierend auf Krisenregionen auswirkt oder schädliche Folgen für die Schöpfung hat.

Die Evangelische Kirche im Rheinland will die negativen Auswirkungen der Globalisierung nicht hinnehmen und hat deswegen bereits 2008 eine Stellungnahme zur wirtschaftlichen Globalisierung erarbeitet. Unter dem Titel „Wirtschaften für das Leben“ beschreibt sie darin besonders Herausforderungen, die daraus für die Kirchen erwachsen.

Projektgruppe entwickelt Vorschläge und Maßnahmen

Der Name ist Programm: Das Papier nimmt Einflüsse der Globalisierung in vielen verschiedenen Lebensbereichen der Menschen in den Blick – von Arbeit und Ethischen Geldanlagen über Landwirtschaft, Klimawandel und Konsum bis hin zu Migration und Themen rund um Frieden, Entwicklung und Sicherheit. Dabei soll es ausdrücklich nicht bei Beobachtungen, Analysen und Worten bleiben. Auch geht es nicht allein um eine Defizitanzeige. Vielmehr weist schon der Titel „für das Leben“ den Weg zu einem konstruktiveren Handeln: Wo können Christinnen und Christen, Gemeinden, Kirchenkreise und die Landeskirche tätig werden, um Menschenrechte zu stärken und die Schöpfung zu schützen? Welche Projekte vor Ort sind möglich, um das Bewusstsein zu schärfen und Veränderung zu ermöglichen? Eine von der Landessynode eingesetzte Projektgruppe entwickelt eine Reihe von Vorschlägen und Maßnahmen, die sich Kirchenkreise, Gemeinden, kirchliche Einrichtungen, Werke und die Landeskirche zu eigen gemacht haben.

Landeskirche versteht sich als Teil einer weltweiten Gemeinschaft

Und das aus gutem Grund: Grundlage des Engagements ist der Glaube an den dreieinigen Gott, entfaltet aus biblischer Theologie. Daraus erwächst für Christinnen und Christen der Glaube und das Bekenntnis, dass jedem Menschen eine unverlierbare Würde zukommt, die ihm unabhängig von seiner Leistung, seinem Verdienst oder seiner Zugehörigkeit zu einem Volk oder einer Nation zugesagt wird. Hinzu kommt das Selbstverständnis der Kirche, die sich als Teil einer Gemeinschaft versteht und über den Tellerrand hinausblickt – und damit nicht nur mit kirchlichen Partnern in Deutschland kooperiert, sondern auch die Perspektiven der Partnerkirchen im globalen Süden im Blick hat. In Afrika, Asien und Lateinamerika benennen die Partner die prekäre Lage, weisen auf Umweltvergehen, Armut und zunehmende Ungleichheit als Folgen der Globalisierung hin. Ihre Erfahrungen fließen in die Arbeit unter dem Dach der Evangelischen Kirche im Rheinland ein. Außerdem versteht sich die Kirche als gesellschaftlicher Akteur und sieht sich damit verpflichtet, ihr Gewicht und ihre Kompetenz öffentlich einzubringen, um soziale Gerechtigkeit auch in der globalen Ära zu erreichen.

Herausforderungen der Globalisierung annehmen

Vom Gespräch auf der Weltbühne bis zum Nachhaltigkeits-Projekt in der Gemeinde: Die Evangelische Kirche im Rheinland will die Herausforderungen der Globalisierung annehmen.

 

INFO

Beschlüsse seit dem Auftakt

  • Landessynode 2008: Vorlage des Papiers „Wirtschaften für das Leben – Stellungnahme zur wirtschaftlichen Globalisierung und ihren Herausforderungen für die Kirchen“. Die Landessynode weist beschlussmäßig der Auseinandersetzung mit der Globalisierung und ihren Folgen im Rahmen kirchlicher Arbeit Priorität zu.
  • Landessynode 2010: Folgebericht der Projektgruppe Globalisierung. Die Landessynode beauftragt die Projektgruppe, die Vernetzung, Koordinierung und Weiterentwicklung der Arbeit innerhalb der Landeskirche auch künftig sicherzustellen.
  • Landessynode 2012:
    • Die Landessynode empfiehlt den eigenen Ämtern, Werken und Einrichtungen auf Getränke des Coca Cola-Konzerns zu verzichten – weil sich weiterhin die Frage stelle, in wie weit der Konzern Menschenrechtsverletzungen, die Missachtung sozialer Standards und die Schädigung der Umwelt in Kauf nimmt. Stattdessen sollen öko-fair hergestellte Produkte bevorzugt werden.
    • Die Umsetzung des Umweltmanagementsystems „Grüner Hahn“ und die Entwicklung eines Leitbildes „Leben spendender Landbau“ werden als dringende Aufgaben definiert.
    • Die Delegierten beschließen den Einsatz der Evangelischen Kirche im Rheinland für die Entwicklung von Alternativen zu einer neoliberalen, wachstumsorientierten Wirtschaftsordnung.
    • Der Finanzausschuss wird beauftragt, mit der KD-Bank und den Versorgungskassen beim Thema Ethisches Investment zusammenzuarbeiten – um Ethikfilter weiterzuentwickeln und die Anwendung zu klären. Lesen Sie auch Investieren und dabei Werte beachten.
  • Landessynode 2014: Die Landessynode bestätigt die Eckpunkte für verändertes Handeln in der Agrarwirtschaft
  • Landessynode 2016. Die unter dem Stichwort „Tariftreue“ gefassten Anliegen sollen in der Evangelischen Kirche im Rheinland auf allen Ebenen befördert werden. Unser Beitrag Als kritischer Konsument hinter die Kulissen blicken